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  • AutorenbildManolis

OHA HI—UNS GIBT ES NOCH!

Liebe Freunde des Hangs, es ist an der Zeit das Schweigen zu brechen und etwas von uns hören zu lassen.


Ja, das sind turbulente Zeiten—für uns alle. Zwar zeigt sich nach einer Ewigkeit mal wieder die Sonne, doch vielerorts beklagt man nach wie vor einen kalten Wind, der einem bis auf die Knochen dringt. Und dann auch noch Corona. Oh Corona! Eine menschengemachte Naturkatastrophe, die unsere freiheitliche Welt bedroht. Abgesehen von den unmittelbar gesundheitlich Betroffenen wird sie auch auf ganz andere Weise ihre Kreise ziehen. Mit aktuell unabsehbaren Folgen für unsere Kulturlandschaft. Aber damit nicht genug: von allen Seiten bekommt man mit, dass es keinen Platz mehr in unseren Städten für frische Kultur gebe—oft weil diese von der sogenannten Hochkultur verdrängt wird. Auch in Berlin ist das nichts Neues. Dort hat man sich in den meisten Fällen in der Zwischenzeit scheinbar damit abgefunden, dass mit der Gentrifizierung, der Landflucht und steigenden Mietpreisen die bunten Nischen unserer tristen Kultur oft bereits nach einigen Jahren wieder weichen müssen. Dafür werden dann Bürogebäude mit schalldichten Glasfassaden, hohe Mauern oder gar Parkhäuser gebaut. Es ist ein altes Lied.


So sieht es bei uns auf den ersten Blick nicht anders aus. Denn es ist wahr—auch uns wird es mit dem Bau des Besucherzentrums an der Mathildenhöhe sehr bald treffen. Nach sechs spannenden Jahren, wird sich künftig für den Osthang einiges ändern. Eines steht bereits fest: so wie es war wird es nicht mehr sein und auch nicht mehr werden. Jedoch wissen wir, dass jedes Ende Raum für einen Neuanfang gibt. Wir wollen euch über die Ereignisse der letzten Monate und die aktuelle Lage informieren und wagen einen Ausblick in eine ungewisse Zukunft.


Lange her: Bau der Mainhall, damals 2014, Foto: raumlabor Berlin


Wie geht es weiter?


Das Gelände des Osthangs ist nunmal aus vielerlei Hinsicht für verschiedene Parteien von großem Interesse. Und das schon seit Jahren. Was dem Projekt Osthang letztlich nun zum Verhängnis wird, ist nicht dem hohen finanziellen Wert des Grundstücks verschuldet—immerhin befinden wir uns in einer Wohngegend, die in Darmstadt kaum nobler sein könnte, sondern dem notwendigen Bau eines Besucherzentrums für das Ensemble Mathildenhöhe.


Dieser Bau ist ein notwendiges Steinchen im Mosaik, an dem sich die Stadt über die Jahre bemüht, Weltkulturerbe zu werden. In einer Reihe mit dem Colosseum und den Moai Statuen auf den Osterinseln.


Der erste Sieger eines Architekturwettbewerbs, der hierfür eigens ausgeschrieben wurde, lieferte Mitte Februar 2019 ein für uns überraschendes Ergebnis: das österreichische Büro Marte Marte entwirft ein modernes Gebäude, das mit dem oberen Ende unseres Geländes abschließt und dieses sogar als Park mit aufnimmt. Für uns sieht das erstmal gar nicht so schlecht aus wie erwartet, immerhin werden wir nach dem eigentlichen Entwurf entgegen aller Erwartungen gerade mal um einige Meter beraubt. Lediglich unsere Hochbeete am oberen Teil des Hangs sind eindeutig durch den Bau des Besucherzentrums betroffen. Mit dem angekündigten Baubeginn im Juni 2020 wurde uns jedoch mitgeteilt, dass im Zuge der Bauarbeiten mindestens unsere Mainhall, also das Herzstück des Osthangs, weichen muss. Für Zufahrtswege, Lagerplätze und Baumaschinen reiche der Abstand zwischen Neubau und Mainhall nicht aus. Wie und ob wir überhaupt nochmal 2020 aufmachen war und ist in Anbetracht der aktuellen Corona-Situation leider weiterhin unklar.

Bereits über vier Monate ist es her, dass wir mit einem wehmütigen und etwas beklommenen Gefühl an unserem Lieblingsort standen und das allerletzte Fest feierten: das Osthang Closing Festival 2019. Wie sollten wir nun dieses Fest des Abschieds feiern? Die ganze Zeit war es uns bewusst, dass der Osthang als temporäres Projekt angedacht war—alleine die baulichen Strukturen werden Jahr um Jahr maroder und vor jeder Saison bedarf es mehr und mehr Aufwand das Gelände wieder veranstaltungstauglich zu machen.


Als die vermeintlich 'letzte' Generation des Osthang Kollektivs mussten wir schnell lernen mit dieser Bürde umzugehen. Im Vergleich zu den Pionieren des Projekts 2014, hat unsere Arbeit in den letzten Jahren stets im Schatten einer ungewissen Zukunft stattgefunden. Das war natürlich nicht immer leicht, doch darüber geredet wurde intern wenig. Viel leichter war es für uns das Thema Zukunft einfach nach hinten zu verlegen, umso dringlicher der gegenwärtige Betrieb des Projektes. So hatten wir in den letzten zwei Jahren dennoch klar abgesteckte Ziele: noch einmal eine gute Figur machen, noch einmal den Hang beleben mit frischen Ideen, einem neuen Look und weiteren Veranstaltungsformaten. Denn von Seiten der Stadt Darmstadt war schon seit 2018 unklar, ob der Osthang weiterhin betrieben werden kann und soll. Was bei uns und unseren Besuchern lediglich auf Entrüstung stieß—schließlich war es doch ein Ort der friedlichen Zusammenkunft, eine Oase der Kultur im Großstadtbeton. Quasi eine Utopie. Und so haben wir uns in den letzten zwei Jahren Mühe gegeben einiges auf die Beine zu stellen, um zu verdeutlichen, dass es sich hierbei um ein seltenes Juwel der Kulturszene für Darmstadt handelt.


Und auch jetzt sind wir hochmotiviert und werden nach wie vor Projekte auf die Beine stellen und unserer grünen Oase, unserer Kulturhochburg, unserem Hang gerecht werden. Gerade jetzt hängen wir uns rein und ihr könnt euch auf jede Menge digitalen Content freuen, solange die Krise uns Drinnen hält. #wirbleibenzuhause



Einige Lichtblicke für euch:


Erstens. Wir sind immer noch hier und wir werden auch vorerst bleiben. Solange die Bauarbeiten noch nicht begonnen haben werden wir weiter machen wie gehabt. Wir arbeiten derzeit an einem schönen Programm für 2020: nicht zu viel, aber dafür umso schöner. All die schönen Osthang-Dinge werden nochmal passieren: Drinks, sanfte Klänge von der Bühne, Kinder die im Hintergrund lachen, Flohmärkte und die Sonne, die kommt auch wieder. Wenn Corona es zulässt.


Zweitens. Wie das nunmal oft so ist verschiebt sich der geplante Baubeginn nach hinten. Dafür gibt es vielerlei Gründe, auf die wir an dieser Stelle nicht näher eingehen können. Das bedeutet für den Osthang, dass wir in der kommenden Saison Monat für Monat im Voraus erfahren, ob wir noch weiter machen können. Und so wie es momentan aussieht, sieht es ganz gut aus.


Drittens. In einem Interview hat der Kulturreferent der Stadt Darmstadt, Dr. Ludger Hünnekens, jüngst den Osthang als einen wichtigen Teil der Darmstädter Kultur genannt. Er schließt die Option den Osthang an anderer Stelle wieder aufzubauen nicht aus. Konzepte dafür müssten allerdings von uns kommen und du kannst es dir vielleicht denken: genau das wollen wir. Neben dem üblichen Betrieb werden wir ab sofort nach einem neuen Ort suchen mit dem Ziel ab 2021 ein neues Projekt zu starten.


Viertens. Für die Zukunft suchen wir nach helfenden Händen, nach kreativen Köpfen, nach fleißigen Hummeln, nach Bastlern und Eventmanagerinnen, nach Zimmerfrauen und Hausmännern, nach Künstlern und Musinnen. Vor Saisonstart werden wir erneut offene Treffen organisieren zu denen alle eingeladen sind, die sich in irgendeiner Form einbringen wollen. Wenn Corona es zulässt.


bis bald

euer Osthang.




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